Wollkämme gibt es in verschiedenen Ausführungen: mit und ohne Blechbeschlag, einreihig und doppelreihig, mit veschiedenen Zinken-Stärken und Griff-Formen. Allen gemein ist die Arbeitsweise, welche sich grundlegend von der Anwendung von Karden unterscheidet.
Wenn du glücklicher Besitzer eines Paares von Víls Wollkämmen bist, dann findest du hier einige Anwendungs- und Pflegehinweise, die du beachten solltest, um möglichst lange Freude an den Werkzeugen zu haben.
Dies dürfte (neben "sag mal, spinnst du?") mittlerweile der am öftesten gehörte Satz an unserem Lager sein. Erfahrungsgemäß kennen sehr viele Marktbesucher Karden von ihrer Großmutter, aber das Konzept der Wollkämme ist gänzlich unbekannt. Jedoch unterscheiden sich Wollkämme und Wollkarden grundlegend:
Karden bestehen aus sehr vielen Reihen kurzer, nadelartiger Zinken, welche halb-starr auf einer brettartigen Tragestruktur befestigt sind (z.B. durch Leder oder heute durch eine Kunststoffmatte). Kämme bestehen hingegen nur aus wenigen (1-4) Reihen langer, dicker Zinken, welche fest und starr in einem Griffstück verankert sind. Während Karden spezialisierte Wollverarbeitungswerkzeuge sind, können frühe Kämme noch als universellere Werkzeuge gedeutet werden, welche z.B. auch zum Verarbeiten von Flachs, Stroh oder anderen Fasern Verwendung gefunden haben könnten.
Karden kamen im Hochmittelalter auf, also deutlich nach der Wikingerzeit. Anhand entsprechender Funde aus England lässt sich die Divergenz der beiden Werkzeugtypen schön verfolgen: Einerseits entwickeln sich Kammwerkzeuge mit immer kürzeren, dafür mehr und mehr Zinken, andererseits werden Wollkämme immer mächtiger, mit immer längeren Zinken. Während zur Wikingerzeit vermutlich das Kämmen der Rohwolle noch als Teil des Spinnvorgangs betrachtet wurde, entwickeln sich, wenn man entsprechende Abbildungen so deuten kann, im fortschreitenden Mittelalter zwei unterschiedliche Berufsstände: Der Wollkämmer und die Spinnerin.
Beim Kardieren wird die Rohwolle auf die Nadel-Zinken aufgelegt und durch übereinander Herführen der Werkzeuge auseinander gezogen und die Fasern parallel ausgerichtet. Dabei weisen die Zinkenspitzen zueinander hin und greifen allenfalls minimal ineinander. Die Karden stehen bei der Arbeit in zwei Achsen um 180° zueinander gedreht. Während der Arbeit werden die Fasern parallel ausgerichtet und Knötchen werden aufgerissen.
Beim Kämmen werden die beiden Werkzeuge hingegen in einer Achse um 180° und in der anderen um 90° zueinander gedreht verwendet. Dabei unterscheidet man zwischen dem "stehenden" Kamm (z.B. in der einen Hand gehalten, bei später aufkommenden Modellen auch an einem Ständer befestigt), auf welchem sich die Rohwolle befindet, und dem "arbeitenden" Kamm, mit welchem die Rohwolle sukzessive aus dem anderen Kamm herausgekämmt wird. Dabei greifen die Kammzinken niemals ineinander, sondern man "pflückt" erst die längeren, danach die immer kürzeren Fasern aus dem vom stehenden Kamm gehaltenen Wollbüschel heraus. Dabei fallen Verunreinigungen wie Stroh und Staub heraus, die Fasern werden parallel ausgerichtet und Knötchen sowie kürzere Fasern bleiben im stehenden Kamm zurück.
Das Ergebnis des Kardierens ist ein sogenannter Rolag, eine quer zur Ausrichtung der Fasern locker aufgerollte Woll-"Matte". Insbesondere Verunreinigungen, die vor dem Kardieren in der Rohwolle vorzufinden waren, bleiben auch im Rolag zu einem Teil erhalten. Daher sind Sortier- unf Reinigungsschritte vor dem Kardieren unerlässlich für eine vernünftige Garnqualität.
Das Arbeitsergebnis des Kämmens ist hingegen ein sogenannter Kammzug, also ein längs zur Faser-Ausrichtung ausgezogenes Faser-Bündel ohne Verunreinigungen. Ein Rolag lässt sich leichter mit "langem Auszug" spinnen: einer Technik, die im Hochmittelalter mit dem Spindelrad (dem Vorläufer des Spinnrades) aufkam. Da die Ausrichtung der Fasern in einem Rolag quer zur Spinn-Richtung liegt, ist das entstehende Garn zwangsläufig "fluffiger" als ein Kammgarn, also ein Garn mit längs zur Spinnrichtung liegenden Fasern wie in einem Kammzug.
Die Möglichkeit, die Wolle mittels Kämmen nach Fasertyp zu sortieren, darf nicht unterschätzt werden. Das Fell eines Schafes besteht natürlicherweise aus zwei bis drei veschiedenen Fasertypen:
Unterschiedliche Schafrassen weisen unteschiedliche Anteile von Haar- und Wollfasern auf. Während moderne Wollschafe wie Merino- und Merino-Kreuzungen ausschließlich eine Wollschicht produzieren, wiesen die in der Wikingerzeit in Nordeuropa lebenden nordischen Kurzschwanzschafe und deren heutige Nachkommen (z.B. Spælsau, Islandschaf, Guteschaf) fast allesamt deutlich unterscheidbare Fasertypen auf. Aufgrund ihrer unterschiedlichen Länge lassen sich diese durch Auskämmen leicht trennen, um Garne mit unterschiedlichen Eigenschaften zu produzieren. So haben wir archäologische Beweise dafür, dass Deckhaar gerne zu den auf dem Gewichtswebrahmen stärker belasteten Kettfäden verarbeitet wurde, während die wärmende Unterwolle zur Herstellung von Schussfäden Verwendung fand.
Damit Du lange Freude an den Kämmen hast solltest du einige Tipps zur Verwendung und Pflege beachten: