Obwohl die meisten Textilfragmente sehr schlecht erhalten und ihre Farben durch Metalloxide oder saure Böden zuweilen stark verfälscht sind, konnte manchmal die ursprüngliche Farbe des Textils ermittelt werden. Darunter gehören bei Wolle so strahlende Töne wie Rot, Purpur, Gelb, Blau und sattes Grün, aber auch einfache Farben wie z.B. Braun. Je nachdem, welche Farbe die Rohwolle hatte (z.B. grau oder bräunlich statt weiß), konnten unterschiedliche Schattierungen erzeugt werden. Das Überfärben bereits gefärbter Textilien ergab Mischfarben. Leinen war meistens ungefärbt oder gebleicht, was wahrscheinlich damit zusammen hängt, dass es die Farbe schlechter aufnimmt als tierische Fasern. Farbige Seidenfragmente wurden ebenfalls gefunden; diese wurden aber wahrscheinlich im Osten gefärbt und dann nach Skandinavien importiert.
Für die Farbstoffe wurde auf Pflanzen zurück gegriffen. Uns sind keine wissenschaftlichen Hinweise darauf, dass mit Pilzen gefärbt wurde, bekannt. Da das Färben mit Pilzen aber nicht komplizierter ist als das Pflanzenfärben und verschiedene sehr gute Färbepilze im Norden wachsen, kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch auf dieses Mittel zurück gegriffen wurde. Die Nutzung folgender Pflanzen konnte nachgewiesen werden: Für Rot Krapp und Labkraut; für Blau Waid; für Braun Walnuss. Von nicht-pflanzlicher Seite wissen wir über die Verwendung von Flechten für Purpur.
Neben den oben erwähnten standen noch viele andere Pflanzen zum Färben zur Verfügung. Viele Pflanzen geben Gelb- und Grüntöne, auch Gold- oder Braungelb, Graublau und verschiedene Brauntöne sind häufig. Durch die Kombination verschiedener Farben kann eine Wikingertracht somit beliebig bunt ausgesehen haben. Je nachdem, ob die unversponnene Wolle, das fertige Garn oder der gewebte Stoff eingefärbt wurde, waren die Kleidungsstücke an sich bereits bunt. In Birka wurden zum Beispiel Leinenfragmente gefunden, die mit verschiedenfarbigen Fäden (hell und blaugrün) gewebt waren; ein Hängerock-Wollstoff war rot-blau gestreift.
Vor der Färbung sollte die Wolle möglichst rein und frei von Lanolin sein. Damit die Fasern die Farbpigmente besser annehmen, werden sie vorher gebeizt. Das Beizmittel, in der Regel ein Metallsalz, wird in Wasser gelöst und die Wolle in das Wasser gegeben. Die gelösten Metallionen lagern sich an die Fasern an und “halten” später beim Färben die Farbpigmente. Als Beizmittel wird häufig Alaun eingetzt, Kupfer-, Eisen- und Chromverbindungen sowie Urin können auch genutzt werden. Verschiedene Beizmittel ergeben verschiedene Farbtöne. Moderne Färber beziehen ihre Beizmittel üblicherweise aus der Industrie. Eine traditionelle Methode bestünde im Abbau von Alaun aus der Erde oder der Extraktion des Aluminiums aus Bärlapp.
Die gesammelten Pflanzenteile werden eingeweicht und dann ausgekocht. Das Färbewasser wird dann gefiltert und die beizte Wolle hineingegeben. Um einen möglichst intensiven Farbton zu erhalten, können die abgeseihten Pflanzenteile in einen Beutel gesammelt und zu dem Färbebad gegeben werden. Das Abseihen ist nicht unbedingt nötig, hilft aber ungemein, eine gleichmäßige Färbung zu erzielen. Das Ganze wird nun etwa eine Stunde lang erhitzt, danach wird die Wolle abgekühlt und mehrfach ausgespült. Sobald sie getrocknet ist, kann sie weiter verarbeitet werden.
Wenn keine oder nur sehr wenige Färbemittel zur Verfügung standen, konnten die Menschen in der Wikingerzeit dennoch farbliche Akzente setzen. Ungefärbte Wolle kann verschiedenste Töne von Schwarz über Grau und Braun zu Weiß annehmen; je nach Kombination dieser “Naturfarben” kann ein Gewand weniger trist wirken als wenn alles in einem einheitlichen Ton gehalten würde. Wie variabel sich diese natürliche Farbpalette im Gewand des Einzelnen manifestierte, hängt natürlich von der Zugänglichkeit verschiedener Farbschattierungen ab. Oder anders: Wer seit Alters her nur graue Schafe hatte, lief (im Alltag) wahrscheinlich nur in Grau herum.