Vor einigen Wochen waren Víls Eltern zu Besuch und brachten fluffige und dreckige Geschenke mit: Rohwolle! Die Wolle stammt von einer Gruppe Ouessant-Schafe (auch Bretonisches Zwergschaf; zu alten Schafrassen: siehe hier) sowie von einem “weißen Schaf”, das in derselben Gruppe lebt und dessen Rasse nicht bekannt ist. Die Ouessant-Schafe gelten als die kleinste Schafrasse der Welt und sind gut an das bretonische Klima angepasst.
Die Schafe sind im Sommer geschoren worden. Weil die Wolle uns erst im Winter erreichen, aber in der Zwischenzeit mit all dem Dreck nicht anfangen zu gammeln sollte, ist der Großteil der Vliese schon gewaschen. Zwei Ouessant-Vliese sind jedoch nur von dem gröbsten Schmutz befreit; Stroh, Disteln, kleinere Mengen Kot und kleine tote Käfer stecken noch immer darin. Das ist durchaus mit Absicht so, denn ich wollte ausprobieren wie es ist, die Wolle quasi “direkt vom Schaf” zu verarbeiten, um das Leben im Frühmittelalter ein wenig besser nachempfinden zu können.
Nachdem alle Wolle gewaschen ist, muss sie gekämmt und versponnen werden. Vil arbeitet derzeit an Wollkämmen nach frühmittelalterlichem Vorbild. Ich hoffe, dass die schwarzbraunen Fasern beim Kämmen von den heller braunen Fasern getrennt werden, sodass ich sie separat verspinnen kann. Der dunklere Teil bildet die Wolle im strengeren Sinne; die Fasern sind feiner und haben im Schaffell die Isolationsfunktion, während die äußeren Fasern, die Haare, etwas gröber und fettiger sind und Regen und Schmutz abhalten/abfangen sollen. Diese bestimmten Eigenschaften kann man bei der Textilherstellung beachten und so ein funktionales Kleidungsstück erzeugen.
Die weiße Wolle soll für diverse Färbeexperimente herhalten, die in der Vegetationsperiode hoffentlich häufiger werden.