Die Führung startete mit dem römischen Tafelgeschirr der Häuptlingsresidenz von Hoby, welches selbst für römische Verhältnisse von außerordentlicher Qualität ist. Zwei Silberbecher zeigen Szenen aus der Griechischen Mythologie und illustrieren die Schönheitsideale dieser Zeit: muskuläre Krieger, der zivilisierte (Achilles) glatt rasiert und mit ordentlich geschnittenem Haar, der barbarische (Priamos) mit Mütze, Hosen und Bart - kein sonderlich römischer Stil. Eine Schale als Bronze zeigt Aphrodite/Venus, wie sie dem Meer entsteigt, zart und schlank, auch gemäß heutigen Maßstäben eine Schönheit.
Als nächstes wurden Broschen, die weibliche Krieger (Valküren) zeigten, diskutiert. Die bewaffneten Figürchen können als solche anhand des typischen Haarknotens und des langen Gewandes identifiziert werden. Aphrodite, die Göttin der Fruchtbarkeit und Schönheit, kombiniert mit tapferen, über das Schlachtfeld reitenden Valküren - dies führt zu Freyja. Besonders eine Silberbrosche könnte diese Göttin der Schönheit zeigen. Schmuck auf der Brust und ein federartiges Gewand passen zu mythologischen Beschreibungen. Das Gesicht hat katzenartige Züge, was gut zu den Katzen passt, die Freyjas Wagen ziehen und ihr somit zugeordnet werden. Dies widerum zeigt Parallelen mit der altertümlichen Gottheit Kybele, dessen Wagen von zwei Löwen gezogen wurde. Die Silberfigur greift sich in die Haare und erinnert damit stark an das Abbild Aphrodites, die sich das Meerwasser aus den Haaren wringt.
Anschließend sprach Dr. Hanauska über das Erscheinungsbild der Nordischen Frauen. Die typischen Schalenspangen, mehrere Schichten von Kleidung, Frisuren... einige Auszüge aus Ibn Ya'qúbs Bericht über Haithabu wurden zitiert, in denen eine Art Schminke, die Art, das Haar zu tragen (nicht versteckt, sondern zusammengehalten mit einer Nadel oder Zöpfen oder Knoten) und eine Beschreibung der Kleidung beschrieben sind. Weiter betonte sie die Mode der Kleeblattfibeln, welche aus fränkischen Riemenverteilern entstanden, aber nach zwei Generationen schon nicht mehr benutzt wurden. Außer im Norden, wo sie imitiert und zu einer typischen Broschenform wurden.
Das Leben der Frauen wurde dargestellt als das der typischen kochenden und webenden Hausherrin, aber mit einem Gewissen Grad an Macht über den Haushalt - und sich selbst. Frauen hatten das Recht auf Scheidung unter bestimmten Umständen und konnten sich ihre Ehemänner frei auswählen. Wenn Mann und Kinder vor ihr starben, erbte sie Land und Eigentum. Dr. Hanauska verglich Fakten wie diese mit der Situation auf dem Kontinent, wo Frauen weniger frei waren, weniger Rechte besaßen und wo Strafen für z.B. Ehebruch härter waren. Einige typische Frauenutensilien wurden anhand von Exponaten vorgestellt. Ein besonders interessanter Aspekt betraf Schlüssel: So wurden in nur etwa 5% der nordischen Frauengräber Schlüssel gefunden, davon sind nur wenige funktional und oftmals fehlt ein Schloss dazu. Außerdem fehlen Schlüssel in Gräbern der höchsten Gesellschaftsschicht. Könnten Schlüssel das Grab einer Völva anzeigen?
Obwohl wir viele der Informationen bereits kannten, war es ein sehr interessanter Vortrag, der unsere Neugier bezüglich gewisser Aspekte des wikingerzeitlichen Lebens schürte und unseren Blick in Richtung mancher Quellen - historisch sowie archäologisch - lenkte, welche wir bisher noch nicht betrachtet hatten. Zudem illustrierte er deutlich, wie eng zumindest die mythologischen und rituellen Verbindungen zwischen den kontinentalen und Skandinavischen Kulturen waren, nicht nur ab dem Mittelalter, sondern viele Jahrhunderte davor.