Liebe Freunde des Frühmittelalters, liebe Reenactment-Kollegen mit etwas mehr Taschengeld, seid gewarnt: dieser Markt ist gefährlich! Das durchschnittliche Niveau der Darsteller ist hoch, die Informationsbereitschaft so groß, dass es kaum einen Stand gibt, wo man nicht etwas lernen kann. Was einem an Ware angeboten wird, wird bei Bedarf mit Hintergrund zu Herkunft und Fundkontext sowie Verbreitung und Bedeutung im Frühmittelalter ergänzt. Bei der brütenden Hitze des Wochenendes hielten sich die meisten zwar lieber im Schatten ihrer Lagerplanen auf, aber von sich-verstecken konnte dabei keine Rede sein.
Die Besucherzahlen schienen sich im Vergleich zu populäreren Märkten zwar im Rahmen zu halten, stellten aber dennoch einen Rekord für diesen Markt dar. Das Frühmittelalter-Marktfeeling wurde durch die Anwesenheit einiger Vierbeiner noch verbessert: einer hübschen Irischen Tinker-Stute sowie vier Esel, auf denen Kinder über den Markt reiten konnten und die jedes Rufhorn in den Schatten stellten.
Was dem Markt fehlte, waren die üblichen Fressbuden (Kaffee und Kuchen gab es in der Gastronomie bei Schloss Diersfordt). Dies betonte unserer Meinung nach noch einmal, dass es sich um kein “Wikinger-Spektakel” handelte, sondern um einen Museumsmarkt. Manche Besucher schienen davon irritiert. Ein Kompromiss wäre vielleicht die Söldnerküche von Skeggi und Blina (dazu mehr im kommenden Adventon-Bericht). Musikalische Untermalung in Form von Dudelsackdudlern u.Ä. fehlte ebenso. Die einzige Musik, die uns beglückte, waren liebliche Klänge auf einer Harfe, Ruderlieder auf dem Wikingerschiff vor dem Überfall und natürlich das silberglockengleiche Eselblöken.
Einmal am Tag wurde der wikingische Überfall auf Lippehamm nachgestellt. Dazu ruderten die Wikinger von der anderen Seite des Sees mit besagtem Wikingerschiff an den Dock der Hauptwiese. Vom Rudern bei dem heißen Wetter schon erschöpft und verschwitzt “stürmten” sie den Markt, “plünderten” und raubten (Ása meldete sich freiwillig als Lippehammer Beute, nicht ohne vorherigen Kampf mit Spindel und Bratpfanne) und wurden schließlich – so historisch korrekt wie es spontan möglich war – von den Lippehammern in die Flucht geschlagen.
Kein Mann auf Viking-Fahrt kann erfolgreich plündern, ohne sich vorher mit seinen Mitstreitern verbrüdert zu haben. Am Samstagabend ging die eine und andere Runde Met aufs Haus, die guten Lichtverhältnisse am Ort des Geschehens (der Gastronomie am Schloss) begünstigten die Situation weiter… Und so wurden spielerisch die Kraft und das Geschick eines jeden dazu Bereiten – und im Laufe der Nacht noch dazu Fähigen – getestet. Verrenkungen am Speer, Gleichgewichtsübungen mit “Wikischubsen”, Tauzieh-ähnliche Spiele mit Gefahr der Schenkelüberdehnung und vieles mehr. Nachdem sich jeder auf die eine oder andere Art heldenhaft lächerlich gemacht hat, machte das gemeinsame Rudern und in-die-Flucht-Schlagen (oder -geschlagen-Werden) am nächsten Tag noch viel mehr Spaß.
Leider war am Sonntag abend schon wieder alles vorbei. Alle bis auf drei Lager bauten ab und fuhren nach Hause, die Wiese wurde leer. Auch HárukR musste zurück in das 21. Jahundert eilen. Vil und Ása hatten etwas mehr Zeit und durften noch bis Montag bleiben. Als Gegenzug halfen sie den Vereinsmitgliedern und den Mitgliedern von Dreki Herflokka beim Abbau. Am Abend wurden gemeinsam Feuerholz und diverses Gebräu vernichtet – ein schöner Ausklang dieses wundervollen Marktes.
Am nächsten Morgen ließen wir die Sonne den Tau von Zelt und Plane trocknen, halfen dabei, die improvisierten Stege an der Haupt- und der Wikingerwiese abzubauen und packten schließlich unsere eigenen Sachen ein. In guten Dingen sagen wir: Danke! und: Bis zum nächsten Jahr!